Bietigheimer Handball-Referenz für Mannschafts-Wahl

Köln und Budapest genießen Kultstatus bei den Handballfans. Die Final-Four-Turniere der Champions League sorgen in den über 20.000 Zuschauern fassenden Arenen am Rhein und der Donau für ausverkaufte Ränge. In der Domstadt sind am 8./9. Juni neben Aalborg BK, dem FC Barcelona auch Titelverteidiger SC Magdeburg und der THW Kiel dabei. Für die Endrunde der Frauen am 1./2. Juni im MVM Dome der ungarischen Metropole hat sich mit der SG BBM Bietigheim erstmals ein Bundesligist qualifiziert.

Die Gruppenphase der Champions League brachte Höhen und Tiefen. Mit 14:14 Punkten erreichte das Team von Jakob Vestergaard aber die Play-Off-Runde, in der die Dritt- bis Sechsplatzierten der beiden Vorrundengruppen überkreuz vier Viertelfinal-Teilnehmer ermittelten. 

Bevor es dazu kam, enttäuschte die SG im DHB-Pokal, verspielte gegen Metzingen den sicher geglaubten dritten Triumph. Ein heilsamer Schock! In der Champions League war Bietigheim nicht wiederzuerkennen. Mit Ikast im Play-Off und Odense im Viertelfinale wurden zwei dänische Favoriten ausgeschaltet. Für die SG BBM erfüllte sich der Traum vom Final Four. 

Nebenbei wurde in der Bundesliga der fünfte Meistertitel eingesackt und ihre erstaunliche Erfolgsserie fortgeschrieben. Die letzte Punktspiel-Niederlage datiert vom 31. März 2021. Seither gab es 81 Siege und drei Unentschieden.

Mit den holländischen Weltmeisterinnen Kelly Dulfer und Inger Smits, der verblüffenden Polin Karolina Kudlacz-Gloc, die auch als 39-Jährige internationale Spitzenklasse verkörpert, der brasilianischen Torfrau Gabriela Moreschi und der tschechischen Trickwurfkünstlerin Veronika Malá, um nur einige zu nennen, verfügt die SG BBM über eine ganze Reihe internationaler Asse. Nicht zu vergessen Xenia Smits, Antje Döll und Jenny Behrend – allesamt deutsche Nationalspielerinnen. 

Die 30-jährige Xenia Smits wurde zur Bundesligaspielerin der Saison 2023/24 gekürt. „Das ehrt mich. Aber ich weiß, dass dazu immer eine funktionierende Mannschaft gehören muss“, bezieht die nach Meinung vieler Experten zu den fünf komplettesten Handballerinnen der Welt zählende SG-Kapitänin ihr Team mit in den Erfolg ein.

Beim Final Four in Budapest trifft Bietigheim im Halbfinale am 1. Juni auf Metz. Smits, die von 2015 bis 2020 bei den Französinnen spielte, ist optimistisch: „Wir sind der Außenseiter, brauchen uns aber nicht zu verstecken. In so einem Spiel ist alles möglich.“ Die zweite Vorschlussrundenpartie bestreiten Györ und Esbjerg. Die Verlierer spielen am 2. Juni um Platz drei, die Sieger um die Krone im europäischen Frauenhandball.

Auf den Höhepunkt in Budapest folgt mit den Olympischen Spielen in Paris ein weiterer. Voraussichtlich zehn Bietigheimerinnen werden mit ihren Nationalmannschaften an der Seine um die Medaillen kämpfen. Danach heißt es umziehen. Nach Differenzen mit Bietigheims Oberbürgermeister Jürgen Kessing, der auch Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands ist, wechselt die erfolgreiche Frauenmannschaft den Standort und geht künftig unter dem Dach der HB Ludwigsburg auf Titeljagd. 

Im Dezember will das Team zum „Sportler des Jahres“ in Baden-Baden. Nach Platz elf bei der Sportlerwahl 2022 – Bietigheim hatte die European League gewonnen – soll es weiter nach oben gehen. Ein gutes Abschneiden beim Final Four würde die Chancen bei der näher rückenden Nominierung für die Wahl der „Mannschaft des Jahres“ erhöhen.

Text: Paul Herbinger
Bild: picture alliance