Meister Bayer 04 Leverkusen – und eine ganze Stadt im Glücksrausch!

Wer unbedingt doch einen Makel an dieser märchenhaften Bundesligasaison von Bayer Leverkusen finden möchte, muss nicht lange suchen: Wirklich spannend ist es nie geworden im Kampf um die deutsche Meisterschaft. Fünf Spieltage vor dem Ende steht fest, dass die Werkself vom Rhein den Bundesligatitel gewonnen hat, ganz ohne Drama und verrückte Wendungen. Es war ein sagenhafter Sprint auf den Gipfel ohne eine einzige Niederlage, was der emotionalen Wucht dieses Erfolges allerdings keinen Schaden zugefügt hat. Nach elf Meisterjahren des FC Bayern, in deren Verlauf sich die Münchener zunehmend langweilten beim Duschen mit Bier und beim Posieren mit Schale, stürzt eine ganze Stadt in einen ekstatischen Glücksrausch, wie ihn die Bundesliga lange nicht erlebt hat.

Denn Bayer 04 Leverkusen ist nicht einfach nur Meister geworden, das Team hat es nicht nur geschafft, die „Tyrannei des FC Bayern zu beenden“, wie die spanische Zeitung „Marca“ schreibt. Die Werkself hat das Trauma des Ewigen Zweiten aus der Welt gefegt. Nach Jahrzehnten der Unvollkommenheit haben Trainer Xabi Alonso und seine Spieler eine Perfektion entwickelt, die die Bundesliga in dieser Ausprägung noch nie hervorbrachte.

Alle Puzzlestücke haben gepasst, alle Details haben sich zu einem faszinierenden Gesamtbild zusammengefügt; beim 5:0-Meistercoup gegen Bremen bauten die Leverkusener ihre Serie ohne Pflichtspielniederlage auf sagenhafte 43 Partien aus. „Wir haben einen besonderen Spirit in der Mannschaft“, sagt Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes nach dem vollbrachten Meisterwerk. Alle Beteiligten haben „nicht nur in den Spielen alle drei Tage zusammen Fußball gespielt und alles gegeben, auch in jedem Training.“

Rolfes hat im vergangenen Sommer eine bereits gut funktionierende Mannschaft, die von dem längst als Trainersupertalent erkennbaren Xabi Alonso (42) trainiert wurde, mit exakt den richtigen Spielern verstärkt. Granit Xhaka (kam vom FC Arsenal) ist ein unnachgiebiger Taktgeber, der keine Fehler macht, mit feinem Gespür den Rhythmus vorgibt und mit seinem Wesen eine imponierende Unnachgiebigkeit verkörpert. Victor Boniface (von Union St. Gilloise) glänzte vor allem in der Hinrunde als verlässlicher Torjäger, und Jonas Hofmann (Mönchengladbach) macht die ohnehin schon schlaue Mannschaft noch ein Stück intelligenter. Zudem bildet Alejandro Grimaldo (von Benfica Lissabon) seit dem ersten Spiel mit Jeremie Frimpong die gefährlichste Flügelzange der Liga, die nicht nur in der Offensive für Spektakel sorgt, sondern auch noch hinten alle Räume zuläuft.

Etwas Glück kam ebenfalls dazu, denn genau als sich Boniface verletzte, begann Patrik Schick, der zuvor fast ein Jahr lang ausgefallen war, mit dem Toreschießen. Und die wenigen Wochen, in denen Ezequiel Palacios mit einer Muskelblessur fehlte, nutzte Robert Andrich, um sich nicht nur bei Bayer, sondern auch in der Nationalelf zu etablieren. Es ist magisch, zumal auch noch dieser echte Zauberer im Team unterwegs ist: Florian Wirtz. Der 20 Jahre alte Mittelfeldspieler, sei ein „Genie“, sagt Alonso, wobei der Trainer selbst kaum weniger genial erscheint. „Alle fühlen sich gut, jeder liebt den Coach. Seitdem er hier ist, hat er Leverkusen verändert“, sagt Frimpong. Das Meisterstück ist vollbracht, kein Wunder also, dass an der Stadtspitze ernsthaft darüber nachgedacht wird, die Bismarck-Allee, die am Stadion entlangführt, in Xabi-Alonso-Allee umzubenennen.

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