Yemisi Ogunleye: Singen, Siegen und Beten

Der Glaube kann Berge versetzen. Diesem biblischen Spruch folgend hat Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye Sporthistorisches geschaffen. Die 25-jährige Sportsoldatin von der MTG Mannheim holte sich sensationell die einzige Goldmedaille für die deutschen Leichtathleten. Ogunleye ist nach Margitta Gummel (1968),  Ilona Slupianek (1980), Claudia Losch (1984) und Astrid Kumbernuss (1996 – und im Jahr danach zur „Sportlerin des Jahres“ gewählt) die fünfte deutsche Olympiasiegerin in dieser Disziplin.

Von Freudentränen übermannt, fiel ‚Yemi‘ nach ihrem Siegesstoß in die Arme ihrer Trainerin Iris Manke-Reimers und ihrer Eltern. „Das ist unglaublich, mir fehlen die Worte“ jubelte die neue Olympiasiegerin.

Mit Gottvertrauen in die Weltspitze - so lässt sich ihr Weg im und außerhalb des Kugelstoßrings beschreiben.  Ogunleye ist gläubige, bekennende  Christin. Vor ihrem sechsten und letzten Versuch,  betete sie im Regen des Stade de France: „Gott gehe mit mir in den Ring, gib mir die nötige Kraft“ lautete ihre Bitte.

Dann stieß sie die Kugel auf exakt 20,00 Meter. Gold. Ogunleye ist ein außergewöhnlicher Mensch,  Sympathieträgerin und absolut authentisch. Anfang dieses Jahres wurde sie bei der Hallen-WM in Glasgow mit 20,19 Meter Vize-Weltmeisterin. „Ich habe immer davon geträumt, mit der deutschen Flagge über den Schultern auftreten zu dürfen.

Yemisi Ogunleye, Tochter eines nigerianischen Vaters und einer deutschen Mutter, hatte in ihrem Leben auch Tiefen zu überwinden. Knieoperationen nach Bänder- und Knorpelverletzungen konnte sie mit der Umstellung von der Angleit- auf die Drehstoßtechnik überwinden. Die Erfahrung von Mobbing in ihrer Kindheit aufgrund ihrer Hautfarbe teilt sie mit Malaika Mihambo. 

Trainerin Iris Manke-Reimers entwickelte sie im Familienunternehmen behutsam. Die Zugehörigkeit zur Bundeswehr gibt ihr die notwendige Sicherheit, ihr fester Boden aber ist ihr Glaube. Sie ist in der Kirchengemeinde ihres Heimatorts Bellheim bei Karlsruhe   als Jugendleiterin tätig und singt im Gospelchor. Selbst in der internationalen Pressekonferenz und am TV-Mikro nach ihrem Triumph stimmte sie „Let it shine“ absolut hörenswert an. Ihr Motto gab sie im Fernseh-Studio preis: „Ich singe, wenn ich keine Worte mehr habe.“

„Erfolge kommen und gehen, Jesus bleibt“, sagt sie. Im Nationalstadion hat sie während des Wettkampfes durchgesungen, wie sie erzählte.

„Mein Leben hängt nicht von den sportlichen Leistungen ab, sondern vom Wissen: ich bin gut wie ich bin“, wirkt sie sehr reflektiert. Wie alle anderen Olympiasieger durfte sie im Stade de France die Glocke läuten, die nach dem Feuer aus Notre Dame hergebracht wurde und die bei der Wiedereröffnung der historischen Kirche an Weihnachten an ihre alte Stelle zurückkehrt.

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