Newcomerin des Jahres 2022

Hannah Meul – der sympathische „Kletterfloh“ hatte Gänsehaut

Feiern? Jetzt? Hannah Meul (21) musste lachen – eigentlich lacht sie ständig –, so überwältigt war die Sportkletterin. Die Silbermedaille baumelte um ihren Hals, die erste für die deutsche Mannschaft bei den European Championships in München. „Ich will eigentlich nur ins Bett, lange ausschlafen und dann hoffen, dass die Haut an den Händen nachwächst“, sagte die Studentin (Soziale Arbeit an der Technischen Hochschule Köln).

Hannah Meul, in Frechen geboren, 1,67 Meter „groß“, 50 Kilo „schwer“, ist seit dem Sommer die deutsche Sport- und Wettkampfkletterin. Die Silbermedaille im Bouldern in der bayerischen Hauptstadt ist ihr bisher größter sportlicher Erfolg. Ihr Verein ist die am 19. Februar 1876 gegründete Sektion Rheinland-Köln im Deutschen Alpenverein (DAV), mit 20.967 Mitgliedern zugleich einer der größten Sportvereine Deutschlands. Bouldern (englisch „boulder“ – „Felsblock“) ist das Klettern ohne Seil an Felsen oder künstlichen Kletterwänden bis zu einer Absprunghöhe, aus der noch ohne Verletzungsrisiko auf den Boden gesprungen werden kann. Bei Olympischen Spielen war Bouldern zum ersten Mal 2020 in Tokio vertreten. Hannah Meuls großes Ziel – wen wundert’s – ist Olympia 2024 in Paris.

Besonders die jungen, für viele vielleicht noch unbekannte Sportarten, sorgten in München für eine riesengroße Begeisterung. 5.000 Menschen pilgerten jeden Tag zum Königsplatz, um dabei zuzusehen, wie die Athleten die Wände hochklettern. Und das in einer Stadt, die doch eigentlich nur für den Fußball brennt. So dachte man jedenfalls bisher. „Genial, vor so einem Publikum zu klettern – ich hatte Gänsehaut“, bekannte der sympathische „Kletterfloh“ mit der Stupsnase.

Sie begann als Siebenjährige in einer Kindergruppe zu klettern. Mit zehn Jahren bestritt sie ihren ersten Wettkampf. In der Saison 2015 debütierte sie auf internationaler Ebene und nahm am European Youth Cup und an der Juniorenwelt- und -europameisterschaft teil. Bei ihrem ersten Weltcup 2017 in Meiringen erreichte sie auf Anhieb das Halbfinale im Bouldern und wurde Zwölfte. Zudem holte sie im selben Jahr den Titel einer Deutschen Meisterin im Lead. Dieses „Schwierigkeitsklettern“ (englisch „lead climbing“, seltener „difficulty climbing“ oder umgangssprachlich „Onsight-Wettkampf“) ist die Bezeichnung für eine weitere Disziplin des wettkampfmäßigen Sportkletterns.

2020 verpasste sie als EM-Vierte im Lead knapp eine Medaille und damit die Chance auf eine Teilnahme an Olympia in Tokio und wurde Deutsche Meisterin im Bouldern. Nach Kombi-Platz 5 schrammte sie 2021 knapp an einer WM-Medaille vorbei. Die Saison 2022 wurde die bisher erfolgreichste ihrer Karriere: Sie qualifizierte sich erstmals für ein Weltcupfinale im Bouldern und musste sich beim Weltcup in Brixen im Finale nur Natalia Grossman (USA) geschlagen geben. Diese Platzierung wiederholte sie beim Boulder-Weltcup in Innsbruck, in Jakarta erreichte sie erstmals ein Weltcup-Lead-Finale und wurde Vierte.

Bei der Gala „Sportler des Jahres“ im Baden-Badener Kurhaus stand sie jetzt ganz oben auf dem Treppchen und wurde zur „Newcomerin des Jahres“ gekürt – die Auszeichnung vergibt die „Sieger-Chance“, eine Zusatz-Lotterie der Glücksspirale.

 

Letzte Änderung amSonntag, 18 Dezember 2022 19:59
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