Sportler des Jahres - Juni 2022

Die Tour 25 Jahre „nach Ulle“

Ist das wirklich schon ein Vierteljahrhundert her? 1997: Deutschland im Radsportfieber. Ein Junge aus „Meck-Pomm“, sommersprossig, mit Talent in Hülle und Fülle gesegnet, gewinnt als erster Deutscher die legendäre Tour de France. DAS Ereignis neben Olympia und Fußball-WM schlechthin im Sportkalender. Gut, die Geschichte um Jan Ullrich ist nachher etwas aus dem Ruder gelaufen. Anders, als sich das alle Beteiligten vorgestellt und sicher auch gewünscht hätten. Und jetzt? 25 Jahre später? Am Freitag startet in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen die nächste Auflage der „Grande Boucle“. Nummer 109 inzwischen. Und was ist dieses Mal mit Radsport-Deutschland? Wieder Fieber oder bestenfalls lauwarm?

Wenn die Tour zuletzt in den Schlagzeilen war, dann wegen der Tour de Suisse, wegen Corona-Ausstiegen en masse und der Frage, wer denn nun die deutschen Farben in welchen Rennställen am nachhaltigsten vertreten soll. Und überhaupt kann. Von den deutschen Profi-Equipen, die sich seit dem Einstieg der Magenta-farbenen Kommunikations-Spezialisten als langfristige Nachfolger versucht haben, ist der professionelle Dampf-Ablasser mit Namen Bora Hansgrohe sicherlich der mit dem längsten Atem. Dessen Top-Rider Maximilian Schachmann musste wegen des Virus bei den nationalen Titelkämpfen im Sauerland dem Teamkameraden Nils Politt schon kampflos das Meistertrikot überlassen, rollt aber jetzt zum Start, einem 13-km-Prolog durch das Zentrum Kopenhagens.

Zeitfahrspezialist Lennart Kämna will sich auf dem Weg nach Paris auf den 21 Etappen zeigen, für die Fotografen durfte er sich schon mal im neuen Tour-Outfit des Rennstalls posieren. Dass Bora-Athlet „Emu“ Buchmann in diesem Jahr den Giro und im Herbst die Vuelta der 21-tägigen Frankreich-Rundfahrt, die am 24. Juli traditionsgemäß auf den Champs Elysées enden wird, vorziehen würde, stand schon vorher fest. Der Tour-Vierte von 2019 ist mittlerweile aus dem großen Öffentlichkeits-Focus gefallen. Unverschuldet, zum Teil auch wegen eines frühen Sturzes vor zwei Jahren.

Im Klassement werden keine deutschen Fahrer weit vorn erwartet. Weder in der Endabrechnung noch unterwegs auf der Runde, die den Kletterern entgegenkommt. So wie beim Aufstieg hinauf nach L’Alpe d’Huez ausgerechnet am französischen Nationalfeiertag.  Das wäre dann eher was für Cofidis-Profi Simon Geschke. Der mittlerweile 36-Jährige würde in einem französischen Rennstall am „quatorze juillet“ (14. Juli) Deutsche und Franzosen gleichermaßen aus dem Sattel reißen, wenn er denn „einen raushaut“. Und wäre am 18. Dezember in Baden-Baden beim „Sportler des Jahres“ ein gern gesehener Gast.

Aber gewiss ist vor dem Start am kommenden Freitag lediglich die Ungewissheit. Die Dänen werden sich zumindest 30 Jahre nach dem unglaublichen EM-Märchen ihrer Urlaubskicker mächtig über die besten Pedaleure der Welt freuen. Über die, die Corona übrig lässt.

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Die Finals – beeindruckendes Event

Da schien sich am Sonntag sogar der Berliner Fernsehturm anerkennend vor den Leistungen der 2200 Athletinnen und Athleten ehrfurchtsvoll zu neigen.  In 14 Sportarten wurden nach interessanten und hartumkämpften Duellen 190 Meister gekürt.  Triathlon-Champion Lasse Lührs lobte nach seinem Sieg auf dem Gelände vor dem Berliner Olympiastadion die Fans: „Ich freue mich über den Sieg auch deshalb, weil durch die mobilen Zielanlage vor dem Stadion etwas ganz Besonderes geschaffen wurde.“

Im Olympiastadion baten die Leichtathleten um Aufmerksamkeit. Auf der blauen Kunststoff-Bahn gab es durch Gina Lückenkemper mit 10,99 Sekunden ebenso eine Topzeit über 100 m zu bewundern wie die 67,10 m im Diskuswerfen der Frauen durch die Potsdamer Olympiazweite Kristin Pudenz. Ziemlich gerührt gestand Sprinterin Lückenkemper unter Tränen: „Eine Zeit von 10,99 ist immer noch etwas Besonderes, da darf man schon einmal heulen.“ Ihren Sieg verdankt die Soesterin nach ihrer Meinung Trainer Lance Braumann, bei dem sie in Florida trainiert. Ihrer Favoritenrolle gerecht wurde Olympiasiegerin Malaika Mihambo. Mit einer Weite von 6,85 Meter flog die dreimalige „Sportlerin des Jahres“ zu ihrem sechsten Meistertitel. Bis zu den Weltmeisterschaften in Oregon/USA (15. bis 24. Juli) bleiben auch noch Zeit für Optimierungen. Dann will auch Bo Kanda Lita Baehre mit dem Stab hoch hinaus. Mit seinem DM-Titel und einer Höhe von 5,90 m scheinen die Aussichten des Düsseldorfers nicht schlecht. Er wusste, warum er über die Matte tanzte und die etwa 10 000 Zuschauer zum Klatschen animierte. Die drittbeste Leistung des Jahres auf der Welt.

An der Eastside-Galerie mit Start vor der beeindruckenden „Oberbaum-Brücke“ zogen die Kanuten und Ruderer reichlich Gold aus dem Wasser der Spree. Aus dem neuformierte Deutschland-Achter tauchten im Finale die vier Recken - Torben Johannesen/Wolf Niclas Schröder sowie Mattes Schönherr/Olaf Roggensack - das Ruderholz ins warme Badewannen-Wasser. Am Ende kämpfte das Quartett allein um den deutschen Meistertitel im 350-m-Rudersprint. Wolf-Niclas Schröder war von der ansehnlichen Besucher-Kulisse angetan, als er sagte: „Auf dem Weg zu den Saisonhöhepunkten war das ein wichtiger Sieg. Unsere Sprintfähigkeit haben wir heute nachgewiesen.“ Einen schönen Abschied bereiteten die Fans der Leipziger Ruderin Katarina Thiele. Die 37 Jahre alte Leipziger Olympiasiegerin, zweimalige Olympiazweite und mehrmalige Weltmeisterin beendete ihre 25-jährige Karriere mit einer Bronzemedaille. „Damit habe ich einen schönen Abschluss meiner langen Karriere geschafft“, freute sich Thiele, stieß mit ihren Freuden, Fans und Ruderinnen mit einem Glas „Rotkäppchen Sekt“ an und ließ später ihre tägliche Weckmelodie „Hulapalu“ von Österreichs-Star Andreas Gabalier vom Handy zur Feier des Tages erklingen. Und 220 000 Fans rockten die Meisterschaften vom Trampolin-Turnen (Ministerin Annalena Baerbock wird´s freuen) bis zum Spitzen-Basketball.

Brustschwimmerin Anna Elendt aus Dreieich (Hessen) schwamm bei der WM in Budapest zu Silber über 100m Brust, setzte sich Sonntag früh um 6 Uhr in den Flieger nach Berlin und ließ sich ein paar Stunden später nach dem Finale über 200 m Brust die goldenen Meistermedaille umhängen. Die 20-jährige Abiturientin wechselte voriges Jahr nach Austin (USA). Neben dem Studium für Sportwissenschaften bereitet sie sich in Texas auf die Olympischen Spiele 2024 vor. Noch eine kleine Sensation gab es im Berliner Europapark. Die 13 Jahre junge, achtmalige deutsche Altersklassen-Meisterin Alina Baievych aus Erlangen, flatterte über 200-m-Schmetterling auf einen sensationellen dritten Rang. Wenn das keine guten Aussichten sind.

Das sah auch Berlins Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) so: „Es war ein beeindruckendes Event – für den Sport und die Stadt… Berlin kann dank exzellenter und moderner Sportstätten herausragende Sportevents ausrichten. Ein Ziel unserer Sportpolitik ist die Förderung der Vielfalt im Sport, dafür stehen DIE FINALS. Mein besonderer Dank gilt auch ARD und ZDF, dank deren Engagement sonst nicht so beachtete Sportarten viel Aufmerksamkeit bekommen haben.“

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„Janz Berlin ist eene (Sport)-Wolke“

Mehr Sportarten, mehr nationale Titel, mehr Fernseh-Präsenz und damit auch mehr Konkurrentinnen und Konkurrenten für die Titel Sportlerin, Sportler und Mannschaft des Jahres auf einen Schlag und am gleichen Ort gibt es kaum zu bestaunen. Und damit auch gebührend zu feiern. Bei den sogenannten „Berliner Finals“ bis einschließlich Sonntag dieser Woche werden die Titelträgerinnen und Titelträger in 14 verschiedenen Sportarten gesucht. Eine unglaubliche Vielfalt, die den vielen bekannten Mono-Championaten in dieser Ansammlung den Rang abläuft. Die Bundeshauptstadt an der Spree wird damit – wie schon 2019 – einmal mehr zur Sport-Hauptstadt.
Randsportarten wie Bogenscheißen, Speed-Kanu-Polo oder Trampolinturnen werden ebenso ihre große Bühne finden - wie die olympische Kernsport Nr. 1, die Leichtathletik. Wie das Schwimmen oder auch das zirzensisch anmutende Geräteturnen. Womit keiner der an dieser Stelle nicht erwähnten Athletinnen oder Athleten einer anderen Spezies herabgewürdigt werden soll. Sie alle sorgen miteinander dafür, dass „janz Berlin eene Wolke“ ist. Und wer nicht dabei sein kann, wenn die Wahl des Schauplatzes zur Qual wird, der kann sich übers Öffentlich-rechtliche Fernsehen oder via Livestreams über den PC informieren.
Die Sportredaktionen von ARD und ZDF präsentieren ein „gemischtes Doppel“ und berichten ab Donnerstagnachmittag permanent von den Vor-, Zwischen- und Endausscheidungen mit deutschen Top-Athletinnen und Athleten. Für manche, wie etwa die Leichtathletinnen und Leichtathleten, ist es nur der letzte Formtest vor der anschließenden EM in München. Für andere dagegen der ultimative Saison-Höhepunkt, auf den sie sich in vielen mühevollen Trainingsstunden vorbereitet haben. Oft mit Entbehrungen und viel Freizeit und auch mangels Sponsoren mit eigenem finanziellen Einsatz.
Das alles, das Unterschiedliche und gleichzeitig doch Verbindende, macht den Reiz dieses „nationalen Bundesjugendsportfestes“ aus. Kein Titel als „Die Finals“ hätte besser für den Catwalk der Disziplinen stehen können. Und deswegen lohnen sich auch der virtuelle Gang durch die Kanäle der „Öffis“ und der Blick auf die mobilen Endgeräte. Denn viele von den dort Gezeigten wird man am 18. Dezember beim Baden-Badener „Sportler des Jahres“ wiedersehen. Der 76. Umfrage unter den deutschen Sportjournalisten und Sportjournalistinnen.

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