Sportler des Jahres - Mai 2021

Puckjäger in der WM-Spur

Ein guter Start – und ein historischer Sieg (3:1) über das Eishockey-Mutterland und 26-maligen Weltmeister Kanada. Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft scheint in Riga an vorhergehende Top-Turniere anknüpfen zu können. Die vier bestplatzierten Teams aus jeder Achter-Vorrunden-Gruppe erreichen das Viertelfinale, danach geht es im K.O.-Modus weiter. Das DEB-Aufgebot hat die nächste Runde und vielleicht mehr fest im Visier.
Zwar ohne den amtierenden „Sportler des Jahres“, Super-Star Leon Draisaitl, der mit den Edmonton Oilers allerdings inzwischen im Kampf um den Stanley-Cup scheiterte (und theoretisch noch nachrücken könnte), aber dennoch mit NHL-Verstärkung, gingen die Nachfolger der Mannschaft des Jahres von 2018 diese Titelkämpfe an. Im Vorfeld durch das Corona-Virus beeinträchtigt (Einzelisolation, PCR-Tests in Serie) – doch davon spricht in Lettland im Moment keiner mehr. Teilweise gingen den Beobachtern die sportlichen Superlative gar nicht mehr aus.
Für Top-Niveau im Aufgebot von Bundestrainer Toni Söderholm sorgen der zweimalige Stanley-Cup-Gewinner Tom Kühnhackl von den Bridgeport Sound Tigers und Tobias Rieder (Buffalo Sabres). Der Landshuter war gemeinsam mit seinen Nordamerika-Kollegen Lean Bergmann (San Jose Sharks) und Leon Gawanke (Manitoba Moose) ans Baltische Meer gekommen. Und dort begeistern die Puckjäger mit Engagement, hinten gleicht Keeper Mathias Niederberger einer Wand, davor räumt zum Beispiel Top-Verteidiger und Rookie des Jahres Moritz Seider, für den schwedischen Verein Rögle aktiv, ab.
Der Finne im Amt des Bundestrainers vertraut seinen Cracks. „Wir haben eine starke Truppe mit großem Teamgeist. Eine gute Mischung aus jungen Spielern und erfahrenen Profis mit Führungsqualitäten.“ Sollte er mit dieser talentierten und ausgebufften Truppe auch am 6. Juni, wenn es im Finale von Riga „um die Wurst“ geht, noch dabei sein, dann ist auch eine Wiederholung des Triumphes in Baden-Baden von vor drei Jahren nicht ausgeschlossen. Damals wurden die DEB-Cracks – nach sensationellem Olympia-Silber – mit großem Vorsprung zur „Mannschaft des Jahres“ gewählt. Auch Leidenschaft und Teamgeist erinnern an Pyeongchang 2018. Alles sei möglich, so das Motto in Riga.

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Hand und Fuß in Dortmund

Schwarz-Gelb ist „in“ im Moment in der ballverrückten Republik. Nicht nur die Fußballer, die am Donnerstag durch ein deutliches 4:1 über die Roten Bullen aus Leipzig den DFB-Pokal gewonnen haben, machten vor, wie man Trophäen gewinnt. Die Handballerinnen der Borussia haben in diesem Jahr Geschichte geschrieben. Am 8. Mai holten sie den ersten Titel als Deutsche Meisterinnen  in der Klubgeschichte. Ohne jede Menge „Oranje boven“, also mit Unterstützung der besten niederländischen Weltklassespielerinnen im Team, wäre der verlustpunktfreie Titel nicht möglich gewesen.

Nicht nur die holländische Torhüterin Rinka Duijndam, Weltmeisterin und EM-Dritte, sowie ihre Landsfrau Yara ten Holte, bestimmen die NL-Fraktion. Laura van der Heijden erzielte in mehr als 200 Länderspielen rund 700 Tore für „Oranje“, wurde 2019 in Japan Weltmeisterin. Gleiches gilt für Kelly Dulfer, eine der weltbesten Abwehrspielerinnen und die Chefin im Defensiv-Verbund des neuen Deutschen Meisters. Aber auch für Regisseurin Inger Smits und für Tessa van Zijl. Eine von sechs Linkshänderinnen im Team der Borussen. Rechtsaußen Kelly Vollebregt, Kreisläuferin Merel Freriks und Rückraum-Spielerin Delaila Amega vervollständigen das niederländische Kontingent beim neuen deutschen Meister.

Aus dieser Ansammlung von Weltklassespielerinnen formte Cheftrainer André Fuhr, der zuvor in Metzingen und bei der HSG Blomberg-Lippe in der Bundesliga unterwegs war, eine verschworene Gruppe.  Und im Hintergrund wirkt als Torwart-Trainerin sowie im Management mit der mehrfachen deutschen „Handballerin des Jahres“, Clara Woltering“, eine absolute Top-Spielerin. WM-Bronze mit der deutschen Nationalmannschaft, Gewinn der EHF Champions League mit dem montenegrinischen Spitzenclub aus Podgorica: Die 38-jährige Landwirtin, die auf dem elterlichen Hof in Coesfeld das Zepter schwingt, ist eine der Lichtgestalten im deutschen Frauenhandball der vergangenen 20 Jahre.

In dieser besonderen, von der Corona-Pandemie geprägten Saison, schrieben die Dortmunderinnen gleich zweimal Geschichte: Es war der erste Titel für den BVB in dessen Klubgeschichte und noch niemals zuvor gelang es einer Mannschaft, alle Spiele bis zur feststehenden Meisterschaft zu gewinnen. Grund genug also in Dortmund, für Handballerinnen und Fußballer, in diesen Tagen ein „Pülleken Pils“ aufzumachen.

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FCB: Oana geht no

Nüchtern betrachtet war alles „nur“ business as usual. Der FC Bayern ließ sich vorzeitig als Deutscher Fußballmeister feiern. Der 31. Titel in der Vereinsgeschichte, der neunte hintereinander. Normalität – und doch nötigt der Run der Isarstädter, die im Dezember 2020 zur „Mannschaft des Jahres“ gewählt und in Baden-Baden ausgezeichnet wurden, sehr viel Respekt ab. So viel Kontinuität, basierend auf einer souveränen Einkaufspolitik, selbst Krisen stets mit Weitsicht und Einsatz bewältigend. Die siegessüchtigen Münchner agieren national in einer anderen Liga, die nächsten ganz großen europäischen Meriten sind nur eine Frage der Zeit.

„Mehr als Gewinnen können wir nicht“ nennt die Süddeutsche Zeitung die Antwort auf die Fragen zur Sonderstellung. Dass die „Schalensammler von der Säbener“ (Abendzeitung) diesmal nicht mit Weißbierduschen feiern konnten, macht sie nicht minder außergewöhnlich. Im Süden wird einfach Fußball der astronomischen Art gespielt, die Konkurrenz hatte in der Corona-Saison zwar nie aufgegeben – doch die Kluft zu Leipzig, Dortmund oder Wolfsburg blieb ebenso unüberbrückbar wie in den vergangenen Jahren.

Die „Campeones“, wie sich Müller, Kimmich, Neuer und Co. selbst nennen, werden ihren Weg weiter gehen. Der zehnte Streich wird ebenso sicher folgen wie das erste Weißbier im Biergarten nach dem Ende der Beschränkungen. Egal, dass schwierige Vertragsverhandlungen anstehen, denn auch auf diesem Parkett bewegen sich die FCB-Macher meist mit traumwandlerischer Sicherheit, die Finanzen erlauben es selbst in Pandemie-Zeiten. Und dass Julian Nagelsmann (noch RB Leipzig) für Erfolgstrainer Hansi Flick künftig am Spielfeldrand stehen wird, ist ein weiterer Schachzug, den eben nur die Bayern so realisieren können. Er dürfte die Rothemden auf einem ähnlichen Niveau halten.

Der bajuwarische Slogan „Oana geht no“ passt für die nächste Rallye ebenso wie das finale Tor-Geballer des polnischen Goalgetters Robert Lewandowski, der bei 39 Treffern angelangt ist. Lewy kann die eigentlich unerreichbar scheinende Marke von Gerd Müller (40 Tore in der Spielzeit 1971/72) tatsächlich knacken. Das Trikot der Münchner verleiht offenbar übernatürliche Kraft.

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Giro und andere deutsche Radler-Träume

Am Samstag (8.Mai) startete die 104. Ausgabe des Giro d‘Italia in Turin mit einem Einzelzeitfahren und wird am 30.Mai in Mailand, ebenfalls mit einem Kampf gegen die Uhr, eben. Dazwischen liegen 21 Etappen über rund 3450 Kilometer und 47.000 Höhenmetern. Acht Bergankünfte und ein geschotterter Hauch von „Strade Bianche“. Ein Giro für die Kletterkönige. Noch nie konnte ein Deutscher die dreiwöchige Italien-Rundfahrt gewinnen. Wer wird zum 90.Geburtstags des „Maglia Rosa“ das Rosa Trikot auf den Schultern tragen?

Acht deutsche Fahrer und einer in der Kapitänsrolle: Kletter-Ass Emanuel Buchmann von BORA-hansgrohe. Vielleicht der Trumpf 2021. Der Tour de France-Vierte von 2019, der nicht nur wegen Corona 2020 ein Seuchenjahr durchlebte, sondern eine verletzungsbedingt enttäuschende Große Schleife durch Frankreich zu verdauen hatte, verlängerte jüngst seinen Vertrag beim Raublinger World Tour-Rennstall um drei weitere Jahre. Der Ravensburger fühlt sich dort „superwohl“.

Einen Podestplatz in Italien visiert der 28-Jährige bei seinem Giro-Debüt fest an. Die Hoffnungen der deutschen Fans ruhen auf „Emu“, der in diesem Jahr auf die Frankreich-Rundfahrt verzichtet, die nicht ganz dem favorisierten Kletterprofil des Bergspezialisten entspricht.

Neben Giro-Debütant Buchmann feiern auch Max Kanter (Cottbus), Sprinter des Team DSM, und Alexander Krieger (Alpecin-Fenix) Premiere. Während der 23-jährige Kanter bereits im vergangenen Herbst bei der Vuelta ein Grand-Tour-Rennen erfolgreich absolvierte, ist es für den Stuttgarter Krieger die erste große Landesrundfahrt überhaupt. Der 29-Jährige vom belgischen Pro-Kontinental-Team Alpecin-Fenix ist Anfahrer für Kapitän Tim Merlier. Nach einem schweren Trainingsunfall im Dezember 2020, mehreren Operationen, sowie der Verwicklung in einen Massensturz bei der Türkei-Rundfahrt im April, ist Debütant Krieger „aufgeregt, aber voller Vorfreude. Wir haben eine tolle Truppe und sind zuversichtlich, dass wir bei der ein oder anderen Etappe ein Wörtchen mitzureden haben.“

Für die deutschen DSM-Pedaleure Kanter, Nikias Arndt (Bonn) und Nico Denz (Albbruck/Waldshut) zählt Teamspirit und das Augenmerk auf die Doppelspitze Romain Bardet und Jai Hindley.

Max Walscheid (Neuwied), Sprinter und Anfahrer, vom Team Qhubeka–Assos, ist für die Positionierung von Europameister Giacomo Nizzolo bei den Sprintankünften zuständig. Gleiches gilt beim achtmaligen Giro-Teilnehmer Roger Kluge (Berlin/Lotto-Soudal) für Caleb Ewan. Der 37-jährige Paul Martens (Rostock) stellt sich beim Giro noch einmal völlig in die Dienste von Jumbo-Visma und wird im Sommer seine lange Profikarriere beenden.

Kein Giro, aber ein echter Vertrags-Coup: Felix Gross, Protagonist der Newcomer-Liste 2020 beim Sportler des Jahres, unterschrieb einen Dreijahresvertrag bei World Tour-Equipe UEA-TeamEmirates. Groß, dreifacher U23-Europameister in der Einerverfolgung und U23-Europameister im 1000 Meter-Zeitfahren, der für das Kontinentalteam rad-net-ROSE auch Straßenrennen fährt, hat zuvor Tokio im Blick, sofern der 22-Jährige von Bundestrainer Sven Meyer für den Bahnvierer nominiert wird. „Ich freue mich riesig, es zu UEA-Team Emirates geschafft zu haben, aber in der aktuellen Situation bereite ich mich physisch und moralisch zu tausend Prozent auf die Olympischen Spiele mit dem Bahnvierer vor“, erklärt Groß. Schon nach den Spielen soll der Leipziger als Stagiaire bei den Profis zum Einsatz kommen. Teamkollege in spe ist Tour de France-Sieger Tadej Pogacar.

Ob Italien oder Tokio oder sonst wo - es bleibt spannend, welchen erfolgreichen deutscher Radprofi wir am 19.Dezember 2021 beim Sportler des Jahres in Baden-Baden begrüßen dürfen.

Bild: Arne Mill

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