Ausnahmezustand im Hockey
Wow, Hockey ist im Fokus. Das Spiel mit dem Schläger und der kleinen Kunststoff-(früher Kork)Kugel stemmt sich gegen den Volkssport mit dem Lederball, der gerade seine neue Punkterunde startet. Und besitzt sogar klitzekleine Chancen, registriert zu werden. Dank der Heim-EM von Damen und Herren bis zum nächsten Sonntag in Mönchengladbach. Ob „Süddeutsche Zeitung“ oder „FAZ“: Hockey kommt ins Blatt – denn die Jungs treten als amtierende Weltmeister an. Noch ein Titel und die Krummstock-Koryphäen würden mindestens in die Mitfavoritenrolle für die Wahl „Mannschaft des Jahres“ rücken. Ganz im Gegensatz zu Fußball-Teams… Viermal (1972, 1992 und 2008 die Jungs, 2004 die Ladies) bekamen sie in der Vergangenheit die meisten Stimmen – das ist per se schon außergewöhnlich.
Bundestrainer André Henning will zwar „kein Ergebnis-Ziel“ vorgeben, doch er weiß auch, dass die DHB-Vertretung als World Champion (im Januar in Indien) unter dem Radar steht. Endlich wieder ein Turnier zuhause, ausverkaufte Zuschauerränge bei den Heimspielen und Spieler, die – trotz der Vielfach-Belastung – heiß sind, sich zu präsentieren. Allen voran Kapitän und Ausnahmespieler Mats Grambusch, der „den Anspruch bei der Heim-EM Erster zu werden“ kommuniziert. Er erwartet körpernahe „Battles“, nennt die Niederlande (Gruppengegner am Montag), Belgien und England als schärfste Widersacher und konstatiert aber auch, wie schwierig es war, nach dem WM-Flow wieder in den scharfen Training-Modus zu kommen.
Henning berichtet, dass es „Spieler gab“, die nach dem großen Triumph „nicht gleich wieder durch den Wald joggten.“ Er versuchte, jeden einzeln abzuholen, und dabei „erst auf den Menschen und dann den Athleten zu schauen“. Trainings-Apps halfen, die nächsten Übungs-Einheiten anzupacken, das Staff wiederum erhielt Aufschluss über die Fitness der Nationalspieler.
Sportdirektor Martin Schultze muss den Blick auch auf das Gesamte richten. Hinter seinem Team liegt Karrer-Arbeit, um die Europameisterschaft ultraprofessionell vorzubereiten. Jetzt geht man davon aus, „wirtschaftlich eine schwarze Null“ zu schreiben. Und wenn die deutschen Teams im Einsatz sind, kann der Sportfan kurze Ecken und brettharte Schüsse bei ARD und ZDF via Livestream zu verfolgen. Das ist neu. Ein Endspiel mit Grambusch & Co. könnte dann im Linear-TV übertragen werden. Das wäre auch aus anderer Sicht wünschenswert; denn nur der/die EM-Champions lösen das olympische Ticket nach Paris. Damit könnte der nächste Hockey-Ausnahmezustand beginnen.
Bild: Deutscher Hockey-Bund e.V.