Dr. Baumann oft als letzte Rettung

„Was soll ich nur machen…?“ Der Hilferuf deutscher Olympia-Athleten erreicht Matthias Baumann mehrfach täglich. Er soll vor allem Ratschläge aus medizinischer Sicht zu Hygiene-Fragen vor dem Flug nach Tokio und den zu erwartenden Restriktionen vor Ort geben. Meist kann er helfen, wie so häufig, als zuständiger Mediziner für alle Radsport-Disziplinen, vom BMX bis Straßenrennen. „Aber vieles ist auch undurchsichtig“, weiß der 50-Jährige aus eigener Erfahrung. Protokolle erstellen, spezielle PCR-Tests, Apps aktivieren, tägliche Aktionspläne erstellen. „So viele Zettel“ klagt der Hobby-Kletterer (der dem Gipfel des Mount Everest ganz nah war), dessen Apps mit diversen Regeln auch nicht funktionieren.

„Ein deutscher Funktionär durfte nicht mitfliegen, weil der Rachen- und Nasentest nicht vollständig war. „Und alles muss doppelt erfolgen.“ In Corona-Zeiten wurde der eigene Arzt-Koffer, u.a. mit Medikamenten und Verbandsmaterial immer schwerer. Zumal Baumann nun auch Ringer-Hoffnung Frank Stäbler betreut, da dessen Verband medizinisch nicht In Japan vertreten ist. Zudem erhielt er von DOSB-Chefarzt Prof. Dr. med. Bernd Wolfarth noch die Akkreditierung für das Olympische Dorf, dort sind nahezu alle klinischen Gerätschaften vorhanden. Dh. Rund-um-die-Uhr-Betreuung zum Wohle der deutschen Hoffnungen. „Zum Schlafen komme ich eher selten, denn gerade bei solchen Großereignissen häufen sich selbst kleine Wehwehchen“, auch in Rio war Dr. Baumann am Start, bei der Sportler-Wahl in Baden-Baden ist er der gute Geist in medizinischer Hinsicht.

Und dennoch freut er sich auf die ungewöhnlichsten Spiele aller Zeiten. „Es geht um die Athletinnen und Athleten, die sich jetzt fünf Jahre vorbereiteten. Für sie wäre eine Absage der Horror gewesen, nicht wenige hätten umgehend die Karriere beendet. Aber vielleicht wird es unter dem Strich ja doch besser als wir denken.“ Auch aus sportlicher Sicht. Baumann ist eine Radfreak und nennt Personen wie Emma Hinze (Bahnsprint) und Maximilian Schachmann als ziemlich sichere Podiumskandidaten. Auch im BMX sieht er Medaillenchancen – und für Lisa Brennauer im Einzelzeitfahren sowie auf der Straße. Außerdem hofft er, den dreimaligen Ringer-Weltmeister Fränky Stäbler auf dem höchsten Treppchen zu sehen.

Am Wochenende startet Matthias Baumann mit der größten Delegation des Team D ins etwas Ungewisse. „Ist schon brutal, dass die japanische Bevölkerung so gegen die Spiele ist.“ Aber der Chefarzt der Sigmaringer Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie ist vorbereitet und erhielt auch die offizielle Einkleidung. „Private Klamotten brauche ich quasi keine, man ist ja immer in offizieller Mission unterwegs.“ Und ein bisschen schwingt beim Orthopäden die Hoffnung mit, dass er eher ruhige drei Wochen am Rande der Wettkampf- und Trainingsstätten erlebt. Wäre zu schön, um wahr zu sein…

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