Zeidler nutzt das verlorene Jahr

Das mit der Generalprobe im Sport ist so eine Sache. Klappt sie, steigt das Selbstbewusstsein und vielleicht auch der Respekt der Konkurrenz. Geht sie schief, kann es Ansporn sein, noch eine Schippe draufzulegen oder aber man beginnt zu zweifeln. Für Oliver Zeidler, den Weltmeister im Einer-Rudern, spielte der Ausgang im letzten Test vor den Olympischen Sommerspielen in Tokio, dieser dritte Platz beim Weltcup von Sabaudia, jedoch keine ganz große Rolle. Er weiß die Niederlage, die erste in dieser Saison, einzuordnen. „Ein paar körperliche Probleme“ hätten ihn das gesamte Wochenende begleitet, sagte der aus Schwaig bei Erding stammende Zeidler. „Die haben die Physios nicht ganz rausbekommen“, weshalb ihm ein wenig die Kraft ausgegangen sei. „Es waren am Ende fünf Schläge, die gefehlt haben.“  Außerdem herrschten auf der Strecke starke Winde und damit Bedingungen, die Zeidler so gar nicht mag. „Das wäre für mich in den vergangenen Jahren schon ein Ausschlusskriterium gewesen, da überhaupt eine Medaille zu machen“, sagt er.

Zeidler kann damit leben, dass die Siegesserie gerissen ist, denn „das wichtige Rennen ist bei Olympia. Wenn ich da gut bin, redet über diesen Weltcup keiner mehr", sagte der Weltmeister, ehe er ins Trainingslager nach Österreich aufbrach.  Er ist und bleibt ein Goldfavorit für die Regatta auf dem Sea Forest Waterway in Tokio. Dazu war er zu dominant in dieser Saison. Bei den Europameisterschaften in Varese in April holte er Gold, anschließend entschied er die beiden ersten Weltcups für sich. Und gewann den Gesamtweltcup. „Das freut mich, weil es meine Konstanz in der Saison auszeichnet", sagte Zeidler.

Der 24-Jährige, der für den DRC Ingolstadt startet, hat – wie im vergangenen Jahr– die Vorbereitung auf den Höhepunkt, Tokio, ausgerichtet. Als im Frühjahr 2020 die Olympischen Spiele abgesagt worden waren, hatte er seinen Fokus erst einmal neu ausrichten müssen: Das Masters-Studium in Oxford, das er im Herbst aufnehmen wollte, verschieben, den Arbeitgeber, einen Finanzdienstleister, noch ein weiteres Jahr um Arbeitszeitanpassung bitten. Und die Suche nach Sponsoren ist in diesen Zeiten auch nicht einfacher geworden.  Zeidler kam es vor, „als hätte das Jahr 2020 einen Stock in die Speichen des laufenden Rades geworfen. Alles ist ins Stocken geraten.“  

Er nutzte die wettkampffreie Zeit im vergangenen Sommer so gut es ging, arbeitete gemeinsam mit seinem Vater und Trainer Heino Zeidler daran, kleine Fehler auszumerzen. Der ehemalige Leistungsschwimmer hatte zwar ein gutes Gefühl fürs Wasser, große Fitness und glänzende Ausdauerwerte mitgebracht, als er 2017 im Sauseschritt den Rudersport erlernte, seine ersten Regatten bestritt und auf Anhieb die Weltspitze eroberte, mit dem WM-Titel 2019 als bisherige Krönung. Aber ein paar technische Defizite aufgrund der fehlenden Routine im Ruderboot waren nicht zu übersehen. „Das Jahr hat Olli gutgetan“, sagte Heino Zeidler. „Er ist noch stärker geworden.“  Und damit bestens gewappnet für Olympia. 

Bild: picture alliance

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