Ironman Hawaii: Historisch, dramatisch, tränenreich

Anne Haug lag minutenlang ausgepowert auf dem roten Teppich hinterm Ziel, Lucy Charles-Barclay hatte bei der Siegerehrung sichtlich Mühe, normal zu gehen und benötigte Hilfe, um die Treppenstufen hinaufzukommen – und Laura Philipp musste nach dem ersten Jubel, den Tränen des Glücks und der Zeremonie auf dem Podium gar ihre Teilnahme an der Sieger-Pressekonferenz absagen. Nichts ging mehr. Die drei Profi-Triathletinnen hatten alles aus ihrem Körper herausgeholt und ein eh schon historisches Ereignis mit ihren Leistungen nicht nur geadelt, sondern für weitere Einträge in die Geschichtsbücher gesorgt.
Die Bühne gehörte auf Big Island den Frauen: Es war das das erste reine Frauen-WM-Rennen Hawaiis, nachdem Ironman die Rennen der Männer und Frauen zeitlich und örtlich getrennt und sich Sam Laidlow vor einem Monat in Nizza vor Patrick Lange zum Champion gekrönt hatte. Nun lagen alle Blicke auf dem besten Frauen-Profifeld aller Zeiten und mehr als 2100 Altersklassen-Athletinnen. Und die Frauen nutzten ihre Bühne perfekt, allen voran die Britin Lucy Charles-Barclay, die nach vier zweiten WM-Plätzen erstmals triumphierte. Dahinter jubelten Anne Haug und Laura Philipp.
Nach 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen stellte Charles-Barclay in 8:24:31 Stunden einen neuen Streckenrekord auf. Schon 2019 war sie als Führende in den Marathon gegangen, am Ende aber siegte Anne Haug überlegen. Auch dieses Mal legte die Bayreutherin auf der Laufstrecke ein unglaubliches Tempo hin und verbesserte sich dadurch von Rang sieben auf zwei (8:27:33).
Der Abstand auf die Britin war mit mehr als zwölf Minuten allerdings zu groß. Neun davon machte Haug gut, lieferte in 2:48:23 Stunden die schnellste Marathonzeit, die je eine Frau innerhalb eines Ironman geschafft hat. Ihr WM-Medaillensatz ist nun komplett: ein Sieg, dreimal Bronze – und jetzt Silber. „Ich bin überglücklich“, sagte die 40-Jährige, „und ich freue mich riesig für Lucy und für Laura.“
Erstmals überhaupt standen bei einer Ironman-WM zwei deutsche Frauen auf dem Podium. Für die 36 Jahre alte Philipp war es nach zwei vierten Rängen der so erhoffte Sprung in die Top drei. Und der war hart erkämpft: Nach mehr als sieben Minuten Rückstand beim Schwimmen fuhr sie stark auf dem Rad, ging als Dritte auf die Laufstrecke, lag dann aber nach Haugs Überholvorgang auf Rang vier. Vor ihr Taylor Knibb (25) aus den USA. Der Vorsprung schmolz, aber zu langsam. Philipp kämpfte, und als die Amerikanerin dann die Kräfte verließen, zog sie kurz nach Kilometer 38 vorbei. Im Ziel, nach 8:32:55 Stunden, formte sie mit ihren Fingern ein Herz. „Es war sehr emotional, ich bin unendlich dankbar“, sagte sie.
Bei der Siegerehrung im Anschluss schien noch alles gut, später aber musste die Heidelbergerin dem Rennen Tribut zollen. Sie sei kollabiert, berichtete Philipp bei Instagram. „Leider bin ich zwei Stunden nach dem Zieleinlauf im Medizinzelt geendet.“ Das Feiern aber wollte sie nachholen.
Zu Hause in Deutschland jubelte ein Trainer: Dan Lorang, Coach des Radteams Bora-hansgrohe, betreut auch Lucy Charles-Barclay sowie Anne Haug und feierte somit einen Doppelsieg.
Bild: Die Siegerinnen des Ironman: Anne Haug, Lucy Charles-Barclay und Laura Philipp (von links nach rechts) © Frank Wechsel / spomedis