Feinjustierung der Bahnsprinterinnen

Nicht von außen unter Druck setzen lassen, in den kommenden fünf Monaten weiter an der Feinjustierung arbeiten und bei den Olympischen Sommerspielen von Paris am 5. August 2024 im Vélodrome National von Saint-Quentin-en-Yvelines ganz oben stehen –  das ist der durchaus realistische Traum der drei deutschen Teamsprinterinnen Emma Hinze, Lea Sophie Friedrich und Pauline Grabosch (alle RSC Cottbus).

Olympia-Gold, das fehlt noch in der umfangreichen Medaillensammlung der drei Weltklasse-Athletinnen. In Tokio 2021, damals noch als Duo über 500 Meter, mussten sich Hinze und Friedrich China geschlagen geben. Nun, als superstarkes Sprinter-Trio (und jetzt über die 750-Meter-Distanz), sind sie Favoriten. Die Drei können sich aufeinander verlassen. „Wir werden das Maximale aus uns rausholen. Und wenn es gereicht hat, hat es gereicht“, lässt sich 24jährige Friedrich, 2020 Newcomerin des Jahres, für Olympia nicht verrückt machen. „Wir werden alles dafür geben!“

Viermal bereits holte sich das Trio WM-Gold in Folge, zuletzt mit dem bis heute bestehenden Weltrekord von 45,848 Sekunden bei der Super-WM in Glasgow 2023 und dem Sieg über Großbritannien. Vor zwei Monaten machten sie mit EM-Gold im niederländischen Apeldoorn gegen die Gastgeber den europäischen Titel-Hattrick perfekt. 

Eigentlich der perfekte Start ins Olympiajahr für das Aushängeschild des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) auf der Bahn. Im März folgt nun der Nationscup Nummer zwei in Hongkong. Das ist dann bereits der letzte große Wettkampf vor den Spielen. Zwei NC-Starts werden für die Olympiaquali benötigt. Im Grunde reichen die bislang gesammelten Punkte längst für die Reise zum Eifelturm. Nur Verletzung oder Krankheit könnten die drei rasanten Frauen stoppen.

Auf Hongkong folgt noch ein Kurzurlaub, bevor der endgültige Aufbau für Paris‘24 startet. Darunter fast sechs Wochen auf der schnellen Holzbahn in Frankfurt/Oder, auf der sie optimal und – für deutsche Bahnen einmalig – kostenlos trainieren können, gefolgt von einigen internationalen Rennen in Deutschland.

Anfahrerin Grabosch aus Magdeburg, die bei der EM im Januar persönliche Bestzeit auf ihrem Teilstück fuhr, und immer „All-In“ aus dem Startblock wuchtet, weiß: „Auf dem Leistungsniveau, auf dem wir uns befinden, ist jede Kleinigkeit von großer Bedeutung. Wir fahren schon sehr lange zusammen, aber man lernt nie aus und wir versuchen immer wieder viele Dinge zu optimieren, die uns bei Wettkämpfen oder auch beim Training aufgefallen sind.“

Viel „Renn-Grips“ ist bei Emma Hinzes Mittelposition wichtig. „Auf der Zwei muss man einfach perfekt losfahren – und dann Vollgas bis zum Wechsel auf Lea.“ Die Dassowerin Friedrich, die als Schlussfahrerin „volle Kanne bis zum K.o.“ fährt, schraubt ebenfalls nochmals an den Trainingsstellschrauben.

Für die 26jährige Hinze aus Hildesheim sind es die dritten Olympischen Spiele nach Rio 2016 (Ersatzfahrerin ohne Einsatz) und den „Corona“-Spielen von Tokio (2021), und die Dritte der Wahl zur „Sportlerin des Jahres“ 2020 freut sich nun auf die Spiele im Nachbarland: „Wir versuchen einfach am Tag X alles auf der Bahn zu lassen – und was am Ende dabei rauskommt, werden wir sehen.“ Vielleicht ja Gold? Den Titel „Mannschaft des Jahres“ hätte das Trio von Bundestrainer Jan van Eijden dann erst recht verdient!

Text: Ulrike Hugger
Bild: Arne Mill

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Wintermärchen auf goldenen Kufen

  • Publiziert in Sdj News

Was soll man als Freund des Wintersports sagen – nach dieser aufrüttelnden Doku von Felix Neureuther über den Zustand der Alpen und die Zukunft der Schnee& Eis-Wettkämpfe in mittlerweile zu warmen Gebieten quasi ohne Minus-Temperaturen. Abschnallen, aufgeben, ganz woanders schlitteln oder skaten? Die schonungslose Analyse, vor allem im Hinblick auf die angeblich nachhaltigsten Winterspiele aller Zeiten, 2026 in Mailand, Cortina und Antholz.

Und das in einer Phase, da die deutschen Cracks in den Eiskanälen ihre internationale Konkurrenz regelmäßig deklassieren – und sich frühzeitig auf die Pole Position für die 78. Wahl „Sportler des Jahres“ im Dezember 2024 begeben. Der Reihe nach. In Winterberg besetzten die Zweier-Bobs das komplette WM-Podium, nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Nur das Ranking im Hochsauerland gestaltete sich anders. Team Friedrich vor Newcomer Adam Ammour und Titelverteidiger Johannes Lochner. Der „Franz“, teilweise schon der Verzweiflung nahe, stellte die alte Ordnung wieder her: mit Bahnrekorden, der Perfektion sehr nahe.

Der 15. WM-Sieg für den 33-Jährigen aus Pirna, der seine Serie im Vierer ziemlich sicher ausbauen dürfte. Bei den Frauen siegte die 25-jährige Laura Nolte auf ihrer Heimbahn – die nicht-deutschen Rivalinnen hatten aufgrund von Adduktoren-Problemen der späteren Mono-Bob-Weltmeister kurz auf eine Chance gehofft. Wurde aber nichts. Bronze ging nach vier Läufen an Lisa Buckwitz, wenigstens die Damen ließen ein Treppchen frei…

So ging es weiter. Die Skeletoni ließen in ihrem Eiskanal ebenso wenig anbrennen. Christopher Grotheer raste bäuchlings zum nächsten Gold. Mit Olympiasiegerin Hannah gewann er auch im Mixed – einem Wettbewerb, der 2026 erstmals zum Fünf-Ringe-Programm in Italien gehört. Dort dürften, das lässt durchaus 2024 schon prognostizieren, deutsche Medaillen hageln. Ein Eis-Spektakel.

Aber wo? Laut aktuellen Entwicklungen wird in Cortina d‘ Ampezzo ein neuer Kreisel wohl gebaut, der alte von der Winterspielen 1956, ist dem Erdboden gleichgemacht. Es heißt, über 100 Millionen Euro verschlinge das Projekt, zwischenzeitliche und günstigere Alternativen in St. Moritz und Innsbruck-Igls sind vom Tisch. Felix Neureuther versteht seit seiner Inspektion die Welt nicht mehr. Keine drei Dutzend Azzurri betreiben aktuell Bob- und Rodelsport sowie Skeleton.

Ob Friedrich, Nolte, Grotheer und Co. am Ende in zwei Jahren an dieser Stelle ihre sagenhafte Dominanz einmal mehr dokumentieren können? Fast alle hoffen, nicht in einer „Dependance“ als olympische Zaungäste zu enden. Doch Siege dürften die Erfolgsverwöhnten des Team D wohl in jeder Eisrinne dieser Welt einheimsen.

Aber die Diskussionen, wie viel Wintersport die Alpen künftig verkraften, werden weitergehen. Und zwischen Mailand und Cortina drohen die Kosten für die nächsten Spiele im zunehmend warmen Winter zu eskalieren. Das erinnert auch direkt an Sotschi 2014, wo das viele Geld zur sportlichen Image-Pflege zwischen Schwarzem Meer und Kaukasus jedwede Diskussion um Naturschutz oder Nachhaltigkeit plattwalzte.

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Andi Brehme: Ein (zu) früher Tod des Helden von Rom

  • Publiziert in Sdj News

War es nun der linke oder der rechte Fuß? Der, mit dem er das Siegtor am 8. Juli 1990 im WM-Finale von Rom gegen Argentinien erzielt hatte.? Jener Elfmeter, der zum einzigen Tor dieses denkwürdigen Spiels führte, und der Andreas Brehme auf immer in die Geschichtsbücher des deutschen Fußballs eintrug. Denn Andreas Brehme war einer der ganz wenigen begnadeten Kicker, die keinen starken Fuß hatten. Aber auch keinen schwachen. Einer, der links wie rechts die „Buden“ machte, wie es so schon auf Neuhochdeutsch heißt.
Und weil er für alles gleich zweimal gut war, durfte er auch zweimal sich den Titel als Mitglied der „Mannschaft des Jahres“ in Baden-Baden abholen. Eben 1990, als Mitglied der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die die Nacht von Rom gegen die „Gauchos“ zu einem unvergesslichen Erlebnis machte. Und dann 1998 noch einmal, als der 1. FC Kaiserslautern, für den er gleich zweimal in seiner Karriere die Fußballstiefel schnürte, Historisches vollbrachte: Als erster und bisher einziger Aufsteiger gelang der Truppe von Trainer Otto Rehhagel der Triumph ein Jahr nach dem Abstieg aus der Bundesliga zurück zu kommen und als Aufsteiger zu Meisterehren zu kommen.
Über den 1. FC Saarbrücken nach „Lautern“, dann zum FC Bayern und zu Inter Mailand gekommen, blieb der gebürtige Hamburger immer bodenständig und erlaubte sich keine Starallüren. Bei der Trauerfeier für Franz Beckenbauer, der ihn und seine Mannschaft 1990 zum Weltmeister-Titel führte, war er noch mit dabei. Jetzt, nur wenige Wochen später, ist „Andi“ Brehme „Kaiser Franz“ gefolgt. Mit 63 Jahren erlag er in der Nacht von Montag auf Dienstag einem Herzinfarkt. Kein wirklich gutes Jahr für den deutschen Fußball und seine besten Botschafter bis dato.

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Vor 35 Jahren der WM-Schnellste

Hansjörg Tauscher gewann 1989 in Vail als bislang einziger Deutscher eine WM-Abfahrt. Was vor- und nachher passierte, verrät der 56-jährige Polizist nun nach und nach – Humor inklusive.

Gespräche mit Hansjörg Tauscher, dem Abfahrtsweltmeister von 1989, sind einfach nur köstlich. Man hört, wie da einer immer noch brennt vor Begeisterung. Wie einer leidenschaftlich erzählt und aus seinen hintersten Gehirnwindungen Geschichten hervorkramt, die sich ein Märchenerzähler nicht besser zurechtlegen könnte.

Eineinhalb Stunden dauert das Telefonat, vollgepackt mit Fakten, Erlebnissen und Gefühlsbeschreibungen, die alle verwoben sind mit diesem einen Tag. Dem 6. Februar 1989. Ein Rosenmontag, der die deutsche Mannschaft in Vail im US-Bundesstaat Colorado in Partylaune brachte, aber auch in der Allgäuer Heimat für einen Konfettiregen sorgte.

Für Hansjörg Tauscher ist dieser 6. Februar eine Art zweiter Geburtstag. Das Oberstdorfer Alpin-Ass wurde mit 21 Jahren Weltmeister. Eine Schussfahrt von zwei Minuten, zehn Sekunden und 39 Hundertstel setzte das Leben des jungen Allgäuers auf ein anderes Gleis. Wobei es laut Tauscher nicht ausgeschlossen ist, dass er auch ohne WM-Titel dastehen würde, wo er heute steht. Jetzt jährt sich dieses Ereignis zum 35. Mal. Eine gute Gelegenheit, den 56-jährigen Polizei-Hauptkommissar, Achtung Humor, in den Zeugenstand zu rufen und ihm Geschichten zu entlocken, die nur seine engsten Freunde kennen.

„Des glaubsch fei id“ und „Des deärfsch aber id schriebe“ sind Sätze, die Tauscher im Telefonat regelmäßig platziert. Mangelnder Auskunftswillen ist nicht erkennbar. Es scheint nur, dass der in der Dienststelle Sonthofen zumeist für Betrugsdelikte zuständige Hauptkommissar Tauscher eine Art Salami-Taktik anwendet. Im Online-Lexikon Wikipedia würde ja jede Menge „Zuig“ über ihn stehen, aber er habe schon noch ein paar Schmankerl. Alles preisgeben wolle er jetzt aber auch nicht, schließlich müsse es ja zum 40. und 50. Jahrestag auch „noch a bissle was zum Verzehle“ geben.

Die Fakten: Ja, sein Triumph vor den damals übermächtigen Schweizern Peter Müller, Karl Alpiger, Daniel Mahrer und William Besse kam überraschend.  Aber er habe damals die stärksten Beine gehabt und sich mit sehr aufwendigem Video-Studium eine Technik und Taktik für die berühmt-berüchtigte „Rattlesnake Alley“ zurechtgelegt. Die Klapperschlangen-Gasse, eine vom Schweizer Pisten-Designer Bernhard Russi gebaute Steilwand-Passage mit einer Doppel-S-Kurve, warf die eidgenössischen Landsleute aus der Bahn und hievte den eher unbekannten Allgäuer auf den Abfahrts-Thron. Und am Jahresende gab es Rang 4 in der Wahl „Sportler des Jahres“. Vor ihm u.a. ein gewisser Boris Becker, der Wimbledon, die US Open und den Davis Cup gewonnen hatte. Volle Kanne.

Von der ausgelassenen Gold-Party danach könne er gar nicht viel erzählen, so der Speed-Champion. „Da war ich unbeteiligt“, sagt er und schmunzelt. Er sei erst später dazugestoßen, habe nur ein Bier und einen Sekt intus gehabt, weil er von einem Termin zum nächsten geschoben wurde. Dass sein Freund und Zimmerkollege Berni Huber aus Obermaiselstein die unzähligen Medienanfragen aus Deutschland nicht nur abwies, sondern irgendwann selbst Interviews gab und sich als Tauscher ausgab, passe in die damalige Zeit, in der allerlei Quatsch gemacht worden sei. Coole Sache, damals. 1989.

Bild: picture alliance

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