Die Tour mit Lennard, Simon und Herbert

Die deutschen Radprofis drehten ordentlich mit am großen Rad der Tour de France 2022. Lennard Kämna kam bis auf elf Sekunden an das Gelbe Trikot heran. Simon Geschke schraubte sich als Leader der Bergwertung sogar die legendären Kehren nach Alpe d’Huez hinauf. Aber es sind auch die Stories am Rande, aufgefangen von Sportler-des-Jahres-Mitarbeiter Charly Braun, der die Große Schleife seit Jahren als Journalist begleitet.

Es ist die Geschichte von Herbert. Ein einfacher, herzlicher Mann von der Mosel, der in diesem Jahr bestimmt zum 25. der 30. Mal eine schier unbändige Lebenskraft und Freude daraus schöpft, dass er in diesen drei Wochen im Juli eines jeden Jahres ganz alleine die Tour begleiten kann. Jahrelang in einem für seinen Zweck umgebauten, in die Jahre gekommenen Transporter. Danach hat er investiert in ein Wohnmobil, das nun als rollender Botschafter von der Mosel im Juli durch Frankreich rollt. Auf dem blechernen Body aufgezeichnet der Verlauf der Mosel, die Strecke der Tour und ein großes Schild „Toujours on tour: Herbert d’Allemagne“. Nicht fehlen darf der Hinweis auf den guten Moselwein.

Zu Hause, in Erden an der Mittelmosel, führt seine Frau noch einen Andenkenladen. Früher hatten sie auch noch die Post in dem kleinen Örtchen gehabt. Reich wird man davon nicht. Zumindest nicht im Geldbeutel oder auf dem Konto. Vor Jahrzehnten hat Herbert einen Radsportclub gegründet in Erden. Der besteht mittlerweile nur noch aus ihm. Er ist Vorsitzender, Schriftführer, Kassierer und Kassenprüfer. Alles in einem. Doch dass die anderen alle „von der Fahne“ gegangen sind, hat dem immer freundlich von seinen Tour-Erlebnissen erzählenden Mann nichts von seiner Freude am, mit und auf dem Rad genommen. Früher seien es mehr gewesen, erzählt er. Vielleicht 10.000 er zähle das nicht so genau. Aber so um die 6000 oder 7000 Kilometer fahre er bestimmt noch pro Jahr. Er führe aber kein Buch darüber. Das sei ihm nicht wichtig. An der Mosel und in den steilen Anstiegen von Eifel und Hunsrück.

Zur Tour de France nimmt er immer zwei Räder mit. Ein „Renner“, wie er sagt und eines, das eher für groben Schotter geeignet ist. In diesem Jahr war er schon, aus den Vogesen kommend, drei Tage in L’Alpe d‘Huez, bevor die Tour kam. Dort trifft er Gleichgesinnte und Freunde, die er seit Jahren kennt oder er lernt neue Menschen kennen. Aus aller Welt. So wie den Banker mit japanischen Wurzeln, der CEO eines Unternehmens in Luxemburg ist. Aber hier in Kurve 20 ist er nur Fan. Wie Herbert. „Zu Etappe 11 bin ich mit dem Rad zum Galibier gefahren. Und Huez habe ich heute Morgen auch noch mal abgefahren“, hat er uns per WhatsApp erzählt. „Noch mal? Noch Mal!“ Aha.

Jetzt ist er mit seinem Wohnmobil unterwegs nach Carcassonne und dann in die Pyrenäen. Ende Juli will er wieder zu Hause sein. Wie jedes Jahr. Und sein Wohnmobil schon auf 2023 vorbereiten. In ein paar Tagen darf er mit einem Glas Moselwein auf seinen Geburtstag anstoßen Dann wird er 78. Wenn ich alleine zu wählen hätte, was Gott sei Dank nicht der Fall ist: Herbert wäre mein Sportler des Jahres. Und den Roten Teppich vor dem Kurhaus in Baden-Baden würde ich ihm auch noch ausrollen. Höchstpersönlich.

Obwohl: Da drüber zu gehen, würde Herbert sich genieren. Ganz bestimmt. Das ist nicht seine Welt. Die ist im Hochgebirge der Tour. Da, wo man richtig reich wird. Im Herzen!

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Everybody´s Mama

Am 8. August wird Tatjana Maria 35 Jahre alt, und insofern war die Überschrift eines großen Internetportals vor acht Tagen doch eher kurios: „Deutschland hat einen neuen Tennisstar“, schrieb gmx.de, die Süddeutsche Zeitung war noch kreativer: „Mama mit der Sense“, titelte sie über Maria, und das alles brachte die Geschichte, die die gebürtige Bad Saulgauerin in Wimbledon schrieb, auf den Punkt. Denn nie zuvor hatte eine Mutter zweier Kinder mit 34 ein Grand-Slam-Halbfinale erreicht. Und nie zuvor gelang das einer Athletin, die mit ihrem Rückhand- und Vorhandslice so unorthodox spielt wie die Nr. 103 der Weltrangliste. Abwehrspieler sind im Tennis so rar wie Orchideen am Südpol.

Ihr Unterschnittspiel, das auf Rasen noch effektiver ist, begünstigte das Wunder von Wimbledon. Die Griechin Maria Sakkari, Nr. 5 der Welt, verzweifelte daran in der dritten Runde, die bis dato Marias Grand-Slam-Rekord war. Und auch Jelena Ostapenko, US-Open-Siegerin von 2017, musste trotz zweier Matchbälle am Ende kapitulieren, ebenso wie Jule Niemeier im deutschen Überraschungs-Viertelfinale. Erst im Halbfinale gegen die Tunesierin Ons Jabeur, Nr. 2 der Welt und gute Freundin, die ab und an Babysitterdienste für Maria übernimmt, war Schluss mit dem Lauf, aber nach dem 2:6, 6:3, 1:6 war Maria längst zu Everybody`s Darling respektive Everybody`s Mama aufgestiegen. Denn dass eine Sportlerin 15 Monate nach der Geburt ihrer zweiten Tochter alles bisher Geleistete sprengt und in punkto Beinarbeit und Fitness konkurrenzlos ist, rang nicht nur den englischen Tennisfans Jubel ab. „Tadde ist nach zwei Babys zurückgekommen, ich habe immer noch keine Ahnung, wie sie das gemacht hat. Sie ist physisch ein Monster. Ich liebe es, sie auf dem Platz so glühen zu sehen, sie ist eine Inspiration für uns alle“, sagte Jabeur.

Tatsächlich hat Tatjana Maria, ehemals Malek, gelernt, Rückschläge zu verkraften. Sie musste den frühen Tod ihres Vaters und Mentors verarbeiten und wäre nach einer Thrombose beinahe selbst gestorben, und ihr Spiel stagnierte lange. Aufgeben aber kam ihr nicht in den Sinn, schon gar nicht, als sie den französischen Trainer Charles-Edouard Maria kennenlernte, der ihr den Glauben zurückgab. Die beiden zogen nach Palm Springs in Florida, gründeten eine Familie und bilden heute eine Art Musterreiseunternehmen auf der Tour. Mama Maria hat ihren Weg gefunden, nun genießt sie die Ernte. „Ich liebe es, Mutter zu sein und Tennis zu spielen. Was in Wimbledon passiert ist, ist unglaublich“, sagte sie. Und es ist noch nicht ihr letztes Wort.

Bild: picture alliance

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Wellbrock: Fünfmal auf dem Podest

Das WM-Zitat aus deutscher Sicht lieferte der überragende DSV-Schwimmer der letzten Jahre – vor allem verantwortlich für die gute Bilanz des „Wasser-Festivals“ in Budapest. „Als Sportler will man sich in bestmöglicher Form präsentieren und bei den Siegerehrungen dabei sein“, so das Motto von Florian Wellbrock. „Und in Budapest bin ich fünfmal an den Start gegangen – und durfte gleich fünfmal eine Siegerehrung miterleben. Zweimal davon wurde sogar die deutsche Hymne gespielt. Das ist immer etwas ganz Besonderes.“

Der Reihe nach: im Freiwasser siegte der Ausnahmeschwimmer aus Magdeburg über 5 km und mit der Staffel. Im 10-km-Rennen schlug er als Dritter an. Vorher waren im Becken Silber (800 m) und Bronze (1500 m) an den 24-Jährigen gefallen. Die Sporthilfe-Athleten wählten Wellbrock stante pede zum besten Athleten des Monats. Und welche Chancen hat er bei der Wahl „Sportler des Jahres“ zum Jahresende? Im letzten Dezember hatte er – hinter Sascha Zverev – die zweitmeisten Punkte ergattert.

Im Hinblick auf weitere Meriten sieht Bundestrainer Bernd Berkhahn durchaus noch  Steigerungspotenzial für seinen besten Schützling – das Erfolgs-Duo vom SC Magdeburg schreibt Sportgeschichte. 2020 hatte der Schwimmer in Baden-Baden die Laudatio auf seinen Coach gehalten. Der wurde zum „Trainer des Jahres“ erkoren.

Der Deutsche Schwimm-Verband fischte insgesamt neun Medaillen aus den ungarischen Gewässern. Brustschwimmerin Anna Elendt gewann Silber über 100 Meter, Lukas Märtens, ebenfalls von Berkhahn betreut, tat es ihr über 400 m Freistil gleich. Im Lupa-See, einer Art karibischen Kleinod am Stadtrand der Magyaren-Hauptstadt (türkisfarbenes Wasser, weißer Sandstrand), gab es für die Würzburgerin Leonie Beck eine weitere Silbermedaille. Im 5-km-Freiwasser musste das Siegerfoto den Ausschlag geben. Last not least sprangen Lars Rüdiger und Timo Barthel vom 3-m-Brett aufs Podest im Synchron-Wettkampf.

Die nächste Location für Wellbrock und Co. liegt in Italien. Rom richtet Mitte August die Europameisterschaften aus. Die Freiwasser-Fraktion darf sich dann an der Mittelmeerküste ins kühle Nass stürzen.   

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Sommernächte wecken Vorfreude auf Sportler-des-Jahres-Gala

Nicht nur Kreuzberger Nächte sind lang, wie einst von den Gebrüdern Blattschuss besungen, auch die Baden-Badener Abendstunden haben es mitunter in sich. Vom vergangenen Donnerstag bis Sonntag herrschte kurz vor und dann erst recht nach Sonnenuntergang der Ausnahmezustand in der ansonsten so beschaulichen Welterbe-Stadt an der Oos. Die „Baden-Badener Sommernächte“ lockten das Publikum in Scharen in den prächtig herausgeputzten Kurgarten.
Die Besucher erlebten ein Stück „Rückkehr zur Normalität“ und bekamen gleichzeitig einen Vorgeschmack darauf, wie es sein soll am 18. Dezember, wenn die Sportlerin, der Sportler und die Mannschaft des Jahres im dann nach zwei Jahren erstmals hoffentlich wieder vollbesetzten Bénazet-Saal des Kurhauses gekürt werden. In den vergangenen beiden Jahren waren die Auszeichnungen zwar ebenfalls zu Gast an der Oos, standen aber im Zeichen der Corona-Regeln, was eine rauschende Feier mit anschließender Party unmöglich machte.  
Baden-Badens Tourismus-Chefin Nora Waggershauser ist zuversichtlich. „Der Sommer mit großen Open Air Veranstaltungen, wie es sie zuletzt vor zwei Jahren gegeben hat, ist zurück. Baden-Baden ist derzeit mit seinen prachtvollen Gärten – und Parkanlagen erneut die Bühne für musikalische Höhepunkte und genussvolle Open-Air Meilen. Das sommerliche Lebensgefühl hat Einzug erhalten und das kulturelle Leben pulsiert“, sagt sie. „Mit großer Vorfreude schauen wir auch schon in die zweite Jahreshälfte in den Veranstaltungskalender, die Sportler-des-Jahres-Gala 2022 ist nicht mehr weit. Es wäre schön, wenn die Sportler dieses Jahr Baden-Baden wieder mit all seinen Facetten wie zum Beispiel dem traditionellen Christkindelsmarkt erleben dürften, wenn zeitgleich der rote Teppich vor dem glamourösen Kurhaus für die Auszeichnungen des Jahres ausgerollt wird“, wagt Nora Waggershauser einen Blick voraus.
Derweil ist die Sportler-Gala im Kalender des neuen Baden-Badener Oberbürgermeisters Dietmar Späth längst eingetragen. Selbst ein begeisterter Sportler, unter anderem Mitglied der Bürgermeister-Fußball-Nationalmannschaft (das gibt es), wird sich der OB diese Feier kurz vor Weihnachten nicht entgehen lassen.
Ganz im Gegensatz zu den Sommernächten, bei denen Tribute-Bands in der Konzertmuschel vor dem Kurhaus den Sound der Bee Gees, von Roxette, Charles Aznavour und Rod Stewart zum Leben erweckten, werden beim „Sportler des Jahres“ die Protagonisten in persona erwartet. Und alle hoffen, dass die Asse das Familienfest des deutschen Sports im Dezember gemeinsam mit den Besuchern unbeschwert feiern können.

Bild: Daniel Merkel

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